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Rauchen auf dem Balkon: Noch keine Einigung vor dem Amtsgericht Rathenow

07.08.2013

Die Prozess führenden Parteien streiten über eine zeitliche Einschränkung des Rauchens auf dem Balkon. Das klagende, nichtrauchende Ehepaar R. lebt seit 1959 in einer Wohnung im ersten Stock, während das beklagte, rauchende Ehepaar S. seit 2011 darunter im Erdgeschoss wohnt. In der mündlichen Verhandlung vor dem AG Rathenow am 07.08.2013 betonte das beklagte Ehepaar S. gegenüber dem Gericht, dass in der eigenen Wohnung nicht geraucht werde, sondern ausschließlich auf dem Balkon.

Durch den hinüberziehenden Tabakrauch fühlt sich aber das klagende Ehepaar R. derart beeinträchtigt, dass es bereits vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens die rauchenden Nachbarn um entsprechende Rücksichtnahme gebeten hatte. Die rauchenden Nachbarn gingen auf die angebotenen Kompromissvorschläge, in den eigenen vier Wänden oder zu bestimmten Zeiten zu rauchen, jedoch nicht ein. Auch ein außergerichtliches Verfahren vor einer Schiedsstelle brachte keine Einigung. In der mündlichen Verhandlung bemühte sich das Gericht nun, die beklagte Partei zu einem Mediationsverfahren vor einem Güterichter, welcher unabhängig vom derzeitigen streitigen Verfahren eine Konfliktlösung mit den Parteien ausarbeiten könnte, zu bewegen. Hierauf ging die beklagte Partei nicht ein, da sie nicht bereit war, sich in ihrer Lebensführung einschränken zu lassen.

Das Gericht wies darauf hin, dass das Rauchen in der eigenen Wohnung und damit auch auf dem Balkon durchaus zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre und durch das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit geschützt werde. Wenn jedoch die Beeinträchtigung für die klagende Partei unzumutbar sei, werde eine Abwägung der Interessen vorgenommen, denn selbstverständlich gelte bei einem Mehrfamilienhaus das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Ob eine unzumutbare und damit wesentliche Beeinträchtigung in dem konkreten Einzelfall vorlag, ließ das Gericht in der heutigen Verhandlung jedoch offen.

Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Vorsitzender des ABNR, einem Zusammenschluss von elf großen Gesundheitsorganisationen, wünscht sich von den rauchenden Mietern ein Entgegenkommen: "Beim Rauchen gilt - wie auch beim Grillen oder beim Feiern - in einem Mehrparteienhaus das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Es ist also durchaus sachgerecht, wenn Mieter ihr Rauchen auch auf dem Balkon so maßvoll beschränken, dass andere nichtrauchende Mieter dadurch nicht beeinträchtigt werden."

Gemäß toxikologischer Erkenntnisse, so das ABNR, handelt es sich in derartigen Fall-Konstellationen außerdem nicht nur um eine "Geruchsbelästigung": Wo Tabakrauch zu riechen ist, besteht bereits eine Gesundheitsgefährdung, weil der Gehalt an Schadstoffen dann ausreicht, um auch bei kurzfristigen Belastungen zu Reizungen der Atemwege zu führen.

Das Gericht hat die Verkündung einer Entscheidung auf den 06.09.2013 terminiert. Es bleibt daher zunächst abzuwarten, ob das Gericht in eine Beweisaufnahme einsteigen oder sogleich ein Urteil verkünden wird und wie das Gericht den hier zu entscheidenden konkreten Einzelfall bewertet.

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