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Klageabweisung in Sachen "Rauchen auf dem Balkon"

06.09.2013

Das Amtsgericht Rathenow hat am 06.09.2013 die Klage in Sachen "Rauchen auf dem Balkon" abgewiesen. Die Nachbarn dürfen somit zunächst weiter auf dem Balkon rauchen. Eine schriftliche Begründung des Urteils steht jedoch noch aus.

Zum Hintergrund: Die Parteien stritten über eine zeitliche Einschränkung des Rauchens auf dem Balkon. Das klagende, nichtrauchende Ehepaar R. lebt seit 1959 in einer Wohnung im ersten Stock, während das beklagte, rauchende Ehepaar S. seit 2011 darunter im Erdgeschoss wohnt. In der mündlichen Verhandlung vor dem AG Rathenow am 07.08.2013 betonte das beklagte Ehepaar R. gegenüber dem Gericht, dass in der eigenen Wohnung nicht geraucht werde, sondern ausschließlich auf dem Balkon.

Durch den hinüberziehenden Tabakrauch fühlte sich nun das klagende Ehepaar R. derart beeinträchtigt, dass es bereits vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens die rauchenden Nachbarn um entsprechende Rücksichtnahme bat. Die rauchenden Nachbarn gingen auf die angebotenen Kompromissvorschläge, in den eigenen vier Wänden oder zu bestimmten Zeiten zu rauchen, jedoch nicht ein. Auch ein außergerichtliches Verfahren vor einer Schiedsstelle brachte keine Einigung. In der mündlichen Verhandlung bemühte sich das Gericht, die beklagte Partei zu einem Mediationsverfahren vor einem Güterichter, welcher unabhängig vom derzeitigen streitigen Verfahren eine Konfliktlösung mit den Parteien ausarbeiten könnte, zu bewegen. Hierauf ging die beklagte Partei nicht ein, da sie nicht bereit war, sich in ihrer Lebensführung einschränken zu lassen.

Das Gericht wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass das Rauchen in der eigenen Wohnung und damit auch auf dem Balkon zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre und durch das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit geschützt werde. Wenn jedoch die Beeinträchtigung für die klagende Partei unzumutbar sei, werde eine Abwägung der Interessen vorgenommen, denn selbstverständlich gelte bei einem Mehrfamilienhaus das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Das Gericht war offenbar der Auffassung, dass in diesem Einzelfall eine unzumutbare und damit wesentliche Beeinträchtigung nicht vorlag und wies das Klagebegehren vor diesem Hintergrund ab.

Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Vorsitzender des ABNR, einem Zusammenschluss von elf großen Gesundheitsorganisationen, wünscht sich angesichts des enttäuschenden Urteils von den rauchenden Mietern ein größeres Entgegenkommen: "Beim Rauchen gilt - wie auch beim Grillen oder bei Lärm - in einem Mehrparteienhaus das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Es ist also - unabhängig von der jetzigen Einzelfallentscheidung - durchaus sachgerecht, wenn Mieter ihr Rauchen auch auf dem Balkon so maßvoll beschränken, dass andere nichtrauchende Mieter durch das Rauchen nicht beeinträchtigt werden."

Gemäß toxikologischer Erkenntnisse, so das ABNR, handelt es sich in derartigen Fallkonstellationen nicht nur um eine "Geruchsbelästigung": Wo Tabakrauch zu riechen ist, besteht eine Gesundheitsgefährdung, weil der Gehalt an Schadstoffen dann ausreicht, um auch bei kurzfristigen Belastungen zu Reizungen der Atemwege zu führen.

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig.

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